Geschichte der Pfarre

GESCHICHTE DER PFARRE WEITERSFELDEN

von Kons. Ludwig Riepl

 Herrschaftliche Eigenkirche um 1300

Kirchenpatron Hl. Ulrich

Bis zum Erscheinen des neuen Heimatbuches glaubte die Forschung, dass die Pfarre Weitersfelden aus der Altpfarre Naarn ausgehend gegründet wurde. In diesem Zusammenhang wurde auch das Pfarrgründungsdatum des Jahres 1337 in Umlauf gebracht, dass jedoch keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhielt. Universitätsprofessor Dr. Rudolf Zinnhobler bestärkte mich jedoch bei den Forschungsarbeiten für das neue Heimatbuch in der Ansicht, dass Weitersfelden vor dem Pfarrgründungsdatum eine sogenannte Eigenkirche war. Eine Eigenkirche entstand auf dem Boden eines Grundherrn durch dessen Initiative. Da der Adelige die Kirche finanzierte, behandelte er die Eigenkirche wie sein Eigentum und den angestellten Geistlichen wie seinen Knecht. Der Investiturstreit im 11. und 12. Jahrhundert stellte daher das Eigenkirchenwesen radikal in Frage.Um 1220 wird uns bereits von Dienstleistungen von den Fierlingerhöfen und von Rebuledt berichtet. Außerdem gab es im Rodungsgebiet des heutigen Weitersfelden zahlreiche Neurisse.

 In Weitersfelden gibt es eine Reihe deutlicher Hinweise auf so eine Eigenkirche:

  • Ein bestehendes Kirchenlehen in späteren Urkunden weist auf eine frühere Eigenkirche hin. 1341 begegnet uns Hans von Reichenstein als Besitzer des Waldamtes Weitersfelden. 1353 verschrieb dann Ulrich von Capellen seiner Frau Margarete Kranichberg dieses Waldamt Weitersfelden. Er hatte das „Gut zu Waydersfelden, dass freyes Eigen ist mit allem was dazugehört, es sey Kirchenlehen, Urbar, das Verlehnd-Gut, Wälder, Forst, Wißmad, Fischwaid, Gericht und Vogthey etc...“ 
  • Weitersfelden steht in den Lohnsdorfer-Martrikeln bereits als Vollpfarre. Die Lohnsdorfer-Martrikel, das älteste erhaltene Verzeichnis der Pfründe des ehemaligen Großbistums Passau, welches den Stand der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wiedergibt, reiht Weitersfelden bereits unter die Vollpfarren ein. Als Patron der Pfarre wird der Dominus de Capellen genannt. Eine Vollpfarre hatte vier Merkmale: eine eigene Kirche, einen eigenen Seelsorger, einen eigenen Sprengel und eine rechtliche Unabhängigkeit von einer anderen Pfarre.
  • Kirchenpatron ist der heilige Ulrich. Bei den Capellern, die das Erbe der Reichensteiner übernahmen, war der Taufname Ulrich ebenfalls in Verwendung. Ein Ulricus de Richenstein scheint bereits am 28.02.1230 als Zeuge in einer Urkunde auf. Das Patrozinium Weitersfelden gehört damit zu den sogenannten besitzanzeigenden Patrozinien, die auf den Gründer des Gotteshauses zurückweisen. In Weitersfelden wird auch noch heute von der Herrschaft Kinsky das Patronatsrecht ausgeübt.

 

Aus der Geschichte der Pfarrkirche:

Das Kirchengebäude enthält romanisches und gotisches Mauerwerk. Die Einrichtung wurde jedoch bei den drei Marktbränden beschädigt und erneuert, sodass die ältesten Einrichtungsgegenstände bzw. Statuen aus dem Jahre 1680 stammen.

Nach dem Brande im Jahre 1784 wurde die dem heiligen Ulrich geweihte Pfarrkirche stark erneuert und verändert. Eine weitere große bauliche Veränderung erfuhr das Gotteshaus durch die notwendige Kirchenerweiterung, die im Jahre 1972 abgeschlossen wurde. Diese gelungene Kirchenerweiterung gibt den ursprünglichen Kirchenraum wieder optisch frei. Aus der Gotik stammt der sogenannte Einstützenraum mit zentrierendem Sterngewölbe. Auch die Spitzbogenfenster geben uns eindeutig einen Hinweis auf die Gotik.

Ob sich nach der Pfarrgründung bzw. schon vorher eine Holzkirche auf dem heutigen Kirchenplatz befunden hat, ließe sich nur durch eine großangelegte und kostenintensive wissenschaftliche Ausgrabung beweisen. Das quadratische, zweischiffige Langhaus lässt eindeutig verschiedenste Bauabschnitte erkennen. Die Nord-, West- und Ostwand des Langhauses sind die ältesten Bauteile, die bis heute erhalten sind. In dieses vermutlich romanische Mauerwerk ist in der Ostwand mit einer Mauerstufe der Triumphbogen eingefügt. Die gotischen Spitzbogenfenster mit den einfachen und abgeschrägten Fensterleibungen werden dem 14. Jahrhundert zugeschrieben. In dieser Zeit sind auch Chorraum und Turm gleichzeitig erneuert bzw. aufgebaut worden. Der Kirchenturm verlängert an der Südseite das Kirchenschiff und bildet so zum Marktplatz hin eine imposante Kirchenfront.

Die quadratische zweischiffige Langhaushalle mit Rundpfeiler und vereinheitlichendem, zentrierendem Sterngewölbe soll um 1500 entstanden sein. Der Rundpfeiler trägt ein sehr einfaches Netzrippengewölbe. Die Spitzen des Rippensternes ruhen auf Wandkonsolen und teilen die Wände in drei Abschnitte.

Das sehr schöne, einfach durchstäbte spitzbogige Südtor ist ebenfalls um 1500 entstanden. Volkstümlich wird die geschwungene Übermauerung des Hauptportals „Eselsrücken“ genannt.

Die Inneneinrichtung der Pfarrkirche Weitersfelden wurde bei allen drei Marktbränden (1706, 1784 und 1853) beschädigt oder vernichtet.

Reste des neugotischen Hochaltares sind heute noch am Kammererkreuz zu finden. Der linke Seitenaltar war früher dem zweiten Kirchenpatron, dem heiligen Martin, geweiht. Auf Grund des vorhandenen Brixiusbildes aus der Schlosskapelle Harrachstal (Brixenthal) wurde daraus ein Brixiusaltar gemacht. Dechant Franz Frühwirth begann 1933 die in weiter Umgebung verstreuten Stücke des früheren Rokokoaltares zusammenzusuchen. Weitersfelden wurde damals das erste Beispiel der Entfernung neugotischer Altäre (der sogenannten Brettlgotik) in Oberösterreich. Der Hochaltar wurde dabei als barocke Bilderwand gestaltet. Das heutige große Kruzifix und die Heiligenfiguren (Hl. Martin, Hl. Ulrich, Hl. Heinrich, Hl. Christopherus und Hl. Florian) sind noch Fragmente aus der Zeit der Barockisierung der Pfarrkirche. Der rechte Seitenaltar (der sogenannte Marienaltar) stammt noch zur Gänze aus der Barockzeit.

Im Pfarrarchiv Weitersfelden sind noch die Robot- und Zehentbücher bis 1848 (Auflösung der Grundherrschaft) vorhanden, die Matrikelführung der Pfarre Weitersfelden beginnt im Jahr 1703 und ist ebenfalls noch in Originalhandschrift einsehbar. Die Orgel der Pfarrkirche Weitersfelden wurde im Jahre 1890 von der Orgelbauwerkstätte Leopold Prennbauer aus Ottensheim gebaut und zuletzt 2002 restauriert.